Verkehrswertgutachten
gem. § 194 BauGB
Definition Verkehrswert
Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. (siehe § 194 BauGB)
Der Verkehrswert (Marktwert) ist somit ein stichtagsbezogener Wert einer Immobilie, d. h. dieser Wert kann sich auch kurzfristig wieder ändern. Auch wenn die Methodiken für die Ermittlung des Marktwertes länderspezifisch durchaus voneinander abweichen, so basiert das Marktwert-Konzept in ganz Europa und darüber hinaus auf den folgenden weitestgehend übereinstimmenden Rahmenbedingungen:
- Der Marktwert ist ein stichtagsbezogener Wert einer Immobilie
- Die Transaktion erfolgt auf einem transparenten Markt nach angemessenem Vermarktungszeitraum (kein Bieterverfahren mit beschränktem Teilnehmerkreis)
- Die beteiligten Parteien handeln mit Sachkenntnis
- Die Transaktion erfolgt frei von persönlichen Interessen (z. B. kein Verkauf unter Angehörigen, Ausschluss von innerbetrieblichen Interessen)
- Der Verkauf erfolgt auf freiwilliger Basis (keine Zwangsmaßnahme)
Bewertungsanlässe
Die Verkehrswert- bzw. Marktwertermittlung für Immobilien jeglicher Art und Größe, stellt die wesentliche Grundlage für die Immobilieninvestitionsbeurteilung, Kaufpreisfindung, Kreditendbeurteilung sowie risikopolitische und bilanzielle Entscheidungen dar:
- An- und Verkaufsabsichten
- Erbauseinandersetzungen
- Ehescheidungen
- Vermögensaufteilungen
- Vermögensübertragungen
In Verbindung mit dem Beleihungswert bildet der Verkehrswert die Grundlage zur:
- Darlehenskonditionierung bei einer Fremdfinanzierung des Immobilienkaufs
Finanzierungsinstitute lassen i.d. R. ein Marktwert- und Beleihungswertgutachten im Rahmen einer Finanzierungsanfrage durch einen qualifizierten Sachverständigen erstellen.
Darüber hinaus ist die Verkehrswertermittlung ausschlaggebend im:
- steuerlichen Kontext (gem. § 198 BewG, Kaufpreisaufteilungen in Grundstücks- und Gebäudewert zur Bemessung des Abschreibungsquotienten)
Wertermittlungsverfahren
Deutschland verfügt über ein dezidiertes Regelwerk zur Methodik der Wertermittlung, bei dem Markwerte von Immobilien i. d. R. mittels drei (normierter) Wertermittlungsverfahren – angewendet einzeln oder in Kombination – ermittelt. Nachdem der Objektwert durch die Eigenschaften der Immobilie und deren Marktumfeld bestimmt wird, sollten alle Verfahren bei richtiger Anwendung zum gleichen Ergebnis führen.
Für die Wahl des Verfahrens ist die Immobilienart ausschlaggebend:
- Die Vergleichswertermittlung dient der Ermittlung des Werts für (unbebaute) Grundstücke, Eigentumswohnungen sowie gegebenenfalls für Reihenhäuser und seltener für freistehende Einfamilienhäuser
- Die Sachwertermittlung findet vorwiegend Verwendung bei der Wertermittlung für (individuelle) Einfamilienhäuser und für Gewerbeimmobilien mit stark eingeschränkter Drittverwendungsmöglichkeit bzw. technischen Industrieanlagen
- Die Ertragswertermittlung ist das Standardverfahren für die Ermittlung des Wertes bei allen ertragsgenerierenden Immobilienarten, wie z. B. im Geschosswohnungsbau und bei gewerblichen Objekten im Handel, Büro und Verwaltung, Hotel, Gastronomie, Pflegebereich, bei Lager und Logistiknutzung, für landwirtschaftliche Betriebsstätten sowie für drittverwendungsfähige Gebäude des produzierenden Gewerbes
- Das nicht normierte Discounted Cash Flow Verfahren (DCF) findet, als international gebräuchliche Sonderform des Ertragswertverfahrens, bevorzugt Verwendung bei Immobilien, deren Ertragssituation in absehbarer Zukunft starken Schwankungen unterliegt. So können Zahlungsströme (Cash Flows) abgebildet werden, die sich z. B. aus fortlaufenden Sanierungsaufwendungen, Änderungen der Mieterstruktur oder auch sukzessiven Verkäufen einzelner Einheiten ergeben
Honorar
Gutachten für private Auftraggeber werden auf Basis eines Werkvertrages beauftragt. Dabei gilt der Grundsatz der freien Honorarvereinbarung.
Die Vergütung bei Gerichtsaufträgen erfolgt im Rahmen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG).
Benötigte Unterlagen
Zur Erstellung eines Verkehrswertgutachten bzw. eines Kurzgutachtens werden vom Auftraggeber folgende Unterlagen benötigt:
- Grundbuchauszug
- Baupläne (vom Baureferat bzw. Gemeinde)
- Angaben über das Baujahr
- Baubeschreibung, Flächenberechnungen, Verkaufsprospekt des Bauträgers
- Falls vermietet: Einnahmen- / Ausgabenaufstellung, Mietverträge, letzte Nebenkostenabrechnung
- Zusätzlich bei Eigentumswohnungen: Teilungserklärung samt Nachträgen, Grundrissplan, Hausgeldabrechnung, Protokoll der letzten Eigentümerversammlung, Beschlussbuch